Birgit Jürgenssen
Badeschluß
unpubliziert

Und so stand sie unter dem Eindruck, daß sie im Zeitalter schrecklicher Hast lebte, und es war besonders komisch auf den Stiegen, die der Großvater selbst noch gemauert hatte, am Strand eines stillgelegten Gewässers zu sitzen und eben über diese Hast mit der Tante zu plaudern, während die abendrosafarbenen Wolken heiter dahinsegelten. Das Wasser färbte sich dunkel und kräuselte sich ein wenig. Es hätte still sein können - wären nicht diese Krähen, die im Streit um ihre Schlafplätze sich in die hohen Weidenbäume auf die gegenüberliegende Insel gestürzt hätten.

Relativ lautlos ziehen blinkende Flugzeuge vorbei, in der Himmelschneise zum nahegelegenen Flugplatz. Die Fischer der Badehütten stehen/sitzen gelassen auf ihren Bootsstegen um die letzten Sonnenbarsche zu angeln. Grillgeruch zieht durch die Luft. Die abendlichen Schwimmer verfangen sich manchmal in der ausgelegten Leine und strampeln ein wenig, während schon die Entenfamilie sich am Uferrand zurückgezogen hat. mehr

Wie schön wäre es mitten in dem Grün einen kleinen fahlfarbenen Esel zu besitzen, der mit seinem Glöckchen (gegen Gelsen) im Wettstreit mit dem abendlichen Kirchengeläut (ein kleiner Klagelaut wäre auch erlaubt) dieses sanft übertönt, mit seinen weißen Augenwimpern blinzelt und mit einer unaussprechlichen bezaubernden Bewegung den Kopf senkt und saftig schmatzend ein wenig ungegossenes trockenes Gras rupft.

Und ich, ich könnte den Blick nicht von den sanften Esellippen wenden und von den Grashalmen, nach denen sie schnappten.

Birgit Jürgenssen, 1998

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