01.04.15 bis 12.07.15
Picasso verkörpert wie kein anderer Künstler die Kunst des 20. Jahrhunderts. Er wurde bewundert, aber auch gehasst, man feierte, studierte und kopierte ihn. Seine Malerei und sein künstlerischer Individualismus haben sich bis heute nicht verbraucht. »Picassos Kunst hat heute deshalb eine so große Wirkung«, so Ausstellungskurator Dirk Luckow, »weil sich Werk und Person nicht auseinanderdividieren lassen und das Werk dadurch exemplarisch erscheint. Es ist unter politischen wie formalen Gesichtspunkten faszinierend und aktuell geblieben. Die Auswirkungen des Jahrhundertgenies auf die Gegenwartskunst werden noch immer unterschätzt.«
Anlässlich ihres 25-jährigen Bestehens zeigen die Deichtorhallen Hamburg vom 1. April bis 12. Juli 2015 eine groß angelegte Ausstellung zum Thema »Picasso in der Kunst der Gegenwart«. Als Eröffnungspräsentation in der aufwendig sanierten und modernisierten Halle für aktuelle Kunst der Deichtorhallen ist die Schau dem überwältigenden Spektrum moderner und zeitgenössischer künstlerischer Sichtweisen auf Picasso gewidmet. Rund 200 Leihgaben u.a. aus der Tate Modern, London oder dem Centre Pompidou, Paris von 87 internationalen Künstlerinnen und Künstlern kreisen um Picasso und seinen Folgen für die Kunst, ohne einen einzigen Picasso zu zeigen. Zwischen Verehrung, intellektueller Assimilation und Neuinterpretation machen die Werke von namhaftesten Künstlern wie Georg Baselitz, Brassaï, Sophie Calle, Marlene Dumas, Jasper Johns, Martin Kippenberger, Roy Lichtenstein und Robert Longo die Aktualität von Picassos Werk deutlich. mehr
Alle großen Stoffe und Schaffensphasen Picassos treten in der Ausstellung als künstlerische Rezeption wieder auf: die Blaue Periode und die damit verbundenen Themen wie Einsamkeit, Verzweiflung und soziales Elend, aber auch belebtere Motive aus der Rosa Periode wie Zirkuswelt, Harlekin oder Seiltänzer. Darüber hinaus regte »Les Demoiselles d’Avignon« als erstes kubistisches Bild und Picassos Werke der zwanziger und dreißiger Jahre, in denen er die strengen kubistischen Elemente mit weiten, sanften und runden Kurven kombinierte, Künstler seit Generationen zu Reaktionen an. Picassos aggressive Deformationen, die im anklagenden Antikriegsbild »Guernica« gipfelten, führten zu einer spektakulären Folge politischer Bildsetzungen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bis heute. In der Ausstellung stehen dafür allein sechs monumentale Guernica-Interpretationen, darunter eine 1 : 1 Guernica-Hommage von Robert Longo.
Einen weiteren Schwerpunkt der Ausstellung bildet die Wahrnehmung Picassos durch international führende Künstlerinnen wie Cindy Sherman, Maria Lassnig, Marlen Dumas oder Hanne Darboven. Aber auch Themen wie »Picasso und die deutsche Kunst« oder der Umgang der amerikanischen Appropriation Art mit Picassos Œuvre, werden behandelt.
Die Ausstellung »Picasso in der Kunst der Gegenwart« bringt somit Licht in den Wandel der künstlerischen Rezeption von Picassos Werken. Die Ausstellung beginnt zeitlich mit Arbeiten aus den 1930er Jahren von Paul Klee, Ernst Ludwig Kirchner und Erwin Blumenfeld, der Schwerpunkt der Ausstellung liegt aber auf den letzten 50 Jahren künstlerischen Schaffens einsetzend mit Werken von Andy Warhol, Roy Lichtenstein, Claes Oldenburg, Asger Jorn und Jasper Johns.
Die große Sinnlichkeit und schier unerschöpfliche Imaginationskraft, die Spannbreite von Picassos Werk zwischen Abstraktion und Figur, künstlerischer Kreativität und politischer Anklage fordern alle diese Künstler bis heute zu besonders spannungsreichen Dialogen mit dem Phänomen Picasso heraus.