Birgit Jürgenssen

Sooner or Later
TZ- Art Gallery, New York
24.10.97 bis 22.11.97

Die 48jährige Wienerin Birgit Jürgenssen ist sicher die interessanteste österreichische Künstlerin ihrer Generation (Valie Export ist fast 10 Jahre älter, Brigitte Kowanz fast 10 Jahre jünger). Ihr Werk seit dem Jahr 1972 wird nächstes Jahr in einer großen Museumsausstellung in Linz auszugsweise gezeigt. (Ein zweisprachiger Katalog erscheint).

Peter Weibel schrieb zu dem Buch "I Met A Stranger", ein Gemeinschaftswerk von Birgit Jürgenssen und Lawrence Weiner 1996 über die Künstlerin:

"Jürgenssen...ist eine Poetin, die mit den Mitteln des Körpers und der Fotografie die Arbeit der Malerei und Skulptur in neue Territorien ausdehnt, weiterführt und in neue Codes übersetzt. Jürgenssen arbeitet nicht mit Objekten des Raumes und auch nicht mit dem Körper als Objekt, sondern mit Signifikanten des Körpers und des Raumes. Ihr Satz "Jeder hat seine eigene Ansicht", der mit Lehm auf ihren nackten Rücken geschrieben steht (1979), ist ein fotografiertes Statement auch über skulpturale Phänomene und erweist Jürgenssen als Bildhauerin, gerade indem sie mit ihrer An/Ordnung von Druckbuchstaben auf die An/Ordnung von Dingen verweist, und vor allem darauf, daß diese An/Ordnung von dem Blick und von der Position des Subjekts abhängig ist und daß der materielle Ort dieses Subjekts sein Körper ist. Die Welt erscheint in der Phänomenologie der Wahrnehmung als Feld des Blicks und der Beobachtung. Nachdem der Satz auf den Rücken des Subjekts geschrieben ist, ist klar, daß dem Subjekt diese seine Ansicht, also seine eigene Ansicht, nicht zugänglich ist. Der Satz ist also eingeschränkt und nur relativ wahr, denn jedem ist gerade seine eigene Ansicht verwehrt. Der Satz ist wahr und nicht wahr, also widersprechend. Mit dem Satz kann nur aus dem geschlossenen Interpretationsraum ausgebrochen werden, wenn unter Ansicht auch die Nichtsicht verstanden wird, wenn gleichsam unter jeder auch nichtjeder, also der Andere, verstanden wird, die eigene Ansicht auch die fremde Ansicht nicht ausschließt. So entsteht ein offenes Feld von Bedeutungen... mehr

Jürgenssen operiert mit Strategien des Verhüllens und Verdeckens, des Exponierens und Versteckens. Sie gibt gleichsam den Schlüssel, aber die Tür ist versperrt und der Löffel ist kein adäquater Schlüssel für das Schloß".

TZ´ART zeigt von Birgit Jürgenssen frühe Zeichnungen (1974/75) und Fotoarbeiten (1979/80); Zeichnungsserien aus den frühen 80er Jahren, Körperprojektionen (1987/88) und neue Fotoarbeiten.

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