19/07/94 till 11/09/94
Was ist ein Mann oder eine Frau? Wie wird dieses Bild in unserer Kultur definiert? Immer häufiger werden die Kategorien von "männlich" und "weiblich" in Frage gestellt, ob man sie nun als essentielle oder konstruierte, als biologische oder soziokulturelle auffaßt.
Wenn es tatsächlich zwei Geschlechter gibt, dann müßte es sowohl eine "männliche" Subjektivität als auch eine "weibliche" geben. Jedoch wurde in der westlichen Zivilisation die "männliche" Subjektivität als die Subjektivität per se definiert, so daß selbst innerhalb dieses Denkansatzes die Unterscheidung zwischen männlicher und weiblicher Subjektivität ständig Gefahr läuft zu kollaborieren.
Anhand einer großen Anzahl von Beispielen läßt sich die Verschiebung von einer unscharfen Grenze zur anderen nachzeichnen, läßt sich die Infragestellung der Identitäten, die vormals als stabil und bekannt galten, aufzeigen; wenn beispielsweise Kleidung ein Mittel zur Kennzeichnung geschlechterspezifischer Unterschiede ist, Kleiderregeln sozialregulatorische Zwecke erfüllen, wie es bei Uniformen explizit deutlich wird, oder die Toilette einen wichtigen Ort der Geschlechtsidentifikation darstellt (das höchste Tabu in der Grundschule wird zum Test für das soziale Geschlecht), dann finden sich hier Spielfelder und Austragungsorte der genannten Verschiebungen und Infragestellungen, ebenso wie die neueren Entwicklungen in der Genforschung und Chirurgie die angenommene Sicherheit gegebener Identitäten hinfällig erscheinen lassen. mehr
In ihrem Buch "Verhüllte Interessen" - Transvestismus und kulturelle Angst kritisiert Marjorie Garber generell das binäre Denken und verweist auf eine Kategorienkrise, d.h. ein Aufbrechen und Bewußtmachen kultureller, gesellschaftlicher und sozialer Dissonanzen, die im Transvestismus manifest wird. Der Binarismus männlich/weiblich wird im Transvestismus selbst in Frage gestellt oder aufgehoben. Dadurch eröffnet er einen Raum des Möglichen, der die Kultur strukturiert und das Gegebene als veränderbar und kritisierbar erkennen läßt.
Die Ausstellung "Konstruktion der Geschlechter" wird künstlerische Arbeiten vorstellen, die die Destabilisierung solcher Binarismen aufzeigen; nicht nur von "männlich" und "weiblich", sondern auch von "homo" und "hetero", "körperlichem" Geschlecht (sex) und "sozialem" Geschlecht (gender).
Da die 70er Jahre einen wichtigen Bezugpunkt für die hier skizzierten Problem- und Fragestellung darstellen, werden neben aktuellen Ansätzen auch Arbeiten dieses zeitraums zu sehen sein. Das Aufgreifen der neueren Diskussion um die Maskulinität sowie die Einbindung aktivistischer Ansätze stellen weitere Aspekte der Ausstellung dar.